Wie töte ich die Eifersucht, Frau Lehrerin?

Höhnisch blinkt mir dieser verdammte Zeiger entgegen; ich höre ihn fast schreien: "Nun schreib doch endlich!" Im Hintergrund dudelt melancholische Gothicmusik, die mir mein neuer Kumpel zugeschickt hat, mit dem ich immer philosophische Genüsse austausche. Sanft wiegt mich die Melodie in eine für mich gefährliche Stimmung, sollte ich denn darauf anderen begegnen. Doch der Zeiger der Uhr schwingt auf 23:15 und so ist die Gefahr gering, dass hier noch jemand erscheinen wird.

Ich betrachte in Gedanken die toten Pflanzen, die sich auf meinen Schränken aufreien, wie Jagdtrophähen. Getötet habe ich sie nicht und fast schon keimt Mitleid mit diesen Pflanzen in mir auf, die in meinem Zimmer ein staubiges Dasein fristen.

Doch nur fast.

Ich konzentriere mich wieder auf meinen Text: Was ist Eifersucht? Warum ich das für Ethik interpretieren soll, weiß ich selber nicht so Recht. Aber ich kann es gut interpretieren, ruht doch auch in mir dieses gefährliche Feuer der Zerstörung.

Langsam tippe ich:
"Eifersucht. Eine Art von Neid, die den Menschen dazu führt unsinnige Dinge zu tun. Manchmal macht man den Fehler die Anwesenheit eines guten Menschen, Freundes, oder Partner, als selbstverständlich anzusehen. Sucht sich dieses Individium plötzlich noch einen weiteren Menschen aus, mit dem er sich gut versteht, keimt dieses unbegründete Gefühl in einem hoch. Zusätzlich fühlt man sich noch verlassen..."

Ich breche ab. Vielleicht würde diese Interpretation doch zu persönlich werden und diese Ethiklerherin, die mir ganz nebenbei meine Note versaut hat, geht das nun wirklich nichts an. Diese Frau kann mir ja schließlich auch nicht erklären, wie man Eifersucht um die Ecke bringen kann.

Aber Recht habe ich. Man fühlt sich plötzlich merkwürdig, taucht zum Beispiel in dem Leben des besten Freundes noch jemand anderer auf, den er gern hat und mit dem er sogar mehr Spaß haben kann, als mit einem selbst. Man kommt sich abgeschoben vor, wie eine alte Dampflock, die ausrangiert wurde.

Abwechslung.

Ich schnaupe und meine Augen schnellen fast rasend durch das Zimmer. Wo habe ich nur meine Bierflasche hingestellt? Als ich sie nicht finde, seufze ich. Dann halt ohne Alkohol.

Meine Finger trommeln auf dem Schreibtisch und ich versuche mich von diesen leidlichen Thema abzulenken. Doch das "Tock tock tock" zu dem Lied Unheilig "Zauberer" lösen in mir noch mehr Gedanken aus, die mich so schon überfluten.

"Ich vermisse ihn...", bricht es plötzlich aus mir heraus. Langsam finden Tränen den Weg aus meinen Augen nach draußen. Ich habe doch gar keinen Grund! Er ist noch da, ich sehe ihn fast jeden Tag... und doch ist es anders. Alles nur wegen Eifersucht. Vielleicht ist es gar nicht anders, aber trotzdem vermisse ich ihn.

Ich zittere und schlucke Mühsam meine Trauer herunter. Ich kann es ihm nicht sagen, denn er würde es nicht verstehen. Ich bin ja froh, dass er glücklich ist, aber wie gerne würde ich mir wünschen, dass er auch mal wieder zu mir kommt. Freiwillig. Allein. Ohne, dass ich bettel.

Aber das darf ich mir nicht erlauben. Nicht, nach all dem, was ich schon getan habe. Was er schon getan hat, wohlgemerkt, denn ich darf mir ja nicht immer alleine die Schuld geben.

Ich seufze und reibe mir über die Augen. Die salzigen Tränen hinterlassen einen unangehmen brennenden Schmerz.

"Eifersucht!", lache ich. "Du hast es mal wieder geschafft." Was sollte ich tun? Die Eifersucht am Kragen packen und wie verrückt schütteln, bis sie geht? Dann würde ich die Dinge auch anders sehen. Aber leider hat diese Eifersucht keinen Pullover, wo ich sie anpacken könnte.

Ich werde wohl weiterhin mit diesem Feuer in der Brust zusehen müssen, wie er lieber zu den anderen geht, da ich ja vor Eifersucht eh überkoche und unerträglich bin. Achja - einmal wieder mit ihm allein hinsetzen und einfach normal reden. Ein Bierchen trinken, lachen, spielen... ich habe ihm so viel Neues zu erzählen.

Ich schüttel schnell meinen Kopf. Die Eifersucht pflanzt mir schon wieder neue Gedanken ein, die ich nicht dulden kann. Er redet doch mit mir...
Ich beschließe, dass ich meine Interpretation nun beende.

Eifersucht sitzt noch immer in meinen Herzen und lacht sich ins Fäustchen. Genau wie Neid - Wollust nicht, denn der ist irgendwie abhanden gekommen. Ich esse ja nichts mehr. Also fällt Völlerei auch aus. Aber die anderen Todsünden sind wohl noch vorhanden.

Nun, was solls.

Ich speicher den Text mit leichter Zufriedenheit ab. Wieder etwas geschafft.

Ich sehe auf die Uhr 23:31. Hm, Zeit fürs Bett. Ich nicke, schließe mit eingespielter Routine sämtlichste Fenster und und schalte den Computer aus.

Ein schwarzer Bildschirm lacht mich aus.



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